Aus: Die Realität der Träume in den Bildern, Max Beckmann, Reclam, 1987, S.272
Mittwoch, 24. April 1946. Im Gespensterreigen ziehen nackte und halbbekleidete Figuren in mir vorüber und ich sehe ihnen traurig nach und kann keine halten. Nichts ist zu halten und alles zerfließt – mein „Ruhm“ – das Land – die Lieder, die Frauen und so Vieles. Nichts kann man halten. Wozu immer wieder diese lächerlichen Anstrengungen?
M.B., 1904
Aus: Die Realität der Träume in den Bildern, Max Beckmann, Reclam, 1987, „Tagebuchblätter 1903-04“
Ach schön ist doch dieser Abglanz aus der Heimat. Man fühlt sich wieder deutsch. Zwischen deutschen Komis und Handlungsreisenden erzittert unser Herz in den neuen, nie gekannten Gefühlen der Zugehörigkeit, des Heimatbewußtseins. Na also. Deutsch homo. Hurra, hurra, hurra. – Hoch über die Häuser weg ragen die Schneeberge und wundervoll verlieren sich die dunklen Tannenflecken in dem durch die Ferne verschleierten milden Weiß. Sie stehen da, so märchenhaft, so unmotiviert, als wenn große Riesen mit Schnee auf den Köpfen des Morgens an dem Bett eines verschlafen um sich sehenden Menschen stehen.
In Bellevue, 1/2 Stunde von Genf:
Vor mir wieder die weißen Berge. Ich bin so wunschlos, so wesenlos, so ohne irgendwelche Gedanken. Ich sonne mich bloß. Also ziehen wir wieder weiter. Schön und trostlos ist es.
Max Beckmann, um 1903 (1904?), Alptraum, Öl auf Leinwand